Kapitel 8 – Naturgartenelemente (Totholz, Käferkeller u.a.)
Schließlich ergänzen weitere Naturgartenelemente den naturnahen Garten. Zuvörderst wäre das Totholz zu nennen. Denn: Totholz ist Leben. Als stehende oder liegende Stämme aufgeschichtet oder als Käferburg oder Käferkeller teils im Boden vergraben, erfüllt Totholz eine unglaublich wichtige Funktion: so viele von und im Holz lebende Insekten und deren Larven bevölkern das tote Holz. So leben die Larven von Bockkäfer, Nashornkäfer und auch Hirschkäfer im toten Holz. Bevorzugt sollte man das Holz von Eiche für den Bau eines Käferkellers oder einer Hirschkäferburg verwenden. Auch Weide und Pappel und auch Erle und Birke ist eine von vielen Käferarten stark frequentierte Holzart. Hier leben etwa die Larven des Moschusbocks. Und auch das Holz von Obstbäumen (Kirsche, Pflaume, Apfel, Birne) wird gut angenommen. Gerade Eichenholz dient vielen prächtigen und großen Käfern als Zuhause, etwa dem Heldbock (Großer Eichenbock) und dem Hirschkäfer.
Nashornkäfer © Marie-PietzschFür die Blauschwarze Holzbiene sollte man aufrecht stehende Totholzstämme bereithalten, in welche die Holzbiene sich selbständig ihre Brutgänge gräbt. Ideal ist hier das Holz von Obstgehölzen oder Weide und Pappel.
Auch größere Sandflächen, Sandarium genannt, sind von hohem ökologischen Wert für Wildbienen, Grabwespen, Sandwespen und viele andere Arten. Dabei ist darauf zu achten, dass der verwendete Sand eine gewisse Festigkeit bzw. Lehmanteil aufweist und nicht, wie Spielsand, gleich in sich zusammenfällt – nur dann können die erwähnten Hautflügler ihre Nester im Sand anlegen. Ein Sandarium ist als eine echte Vitaminspritze für unsere Wildbienen! Wussten Sie, dass ¾ der Wildbienenarten Erdnister sind und ihre Nester und Brutgänge im Boden anlegen, namentlich auch in Sandflächen?
Auch Lehmwände, Lößwände und Hangkanten aus Lehm oder Sand sind wertvolle Wildbienen-Lebensräume.
Zurück zu den Lebensräumen der Käfer. Gerade auch Hackschnitzelhaufen und Sägespänehaufen sind Horte des Lebens für Käferlarven! Gehäckseltes Holz aus den erwähnten, besonders wertvollen Holzarten (Eiche, Weide, Pappel, Erle, Birke und Obstgehölzen) ist der Lebensraum der Larven von Nashornkäfer, Balkenschröter, Pinselkäfer und Rosenkäfer. Es ist auch möglich, ein Hochbeet mit Hackschnitzeln zu füllen und nur die oberste, dünne Schicht mit Erde zu überdecken – dem Tatendrang und der Experimentierfreude im Garten sind keine Grenzen gesetzt!
Womit wir beim Hochbeet wären. Hochbeete sind beliebte Larvenstuben für den Rosenkäfer, aber auch für Nashornkäfer, Maikäfer, Junikäfer und andere Käferarten. Im Hochbeet leben die Engerlinge, die Larven von Rosenkäfer & Co. Wir sollten sie willkommen heißen und keinesfalls töten. Jeder Engerling bedeutet neues Leben in unserem naturnahen Garten. Die Unterscheidung in „Schädling“ und „Nützling“ ist als naturverachtend ebenso abzulehnen wie die Differenzierung nach am Rücken sich fortbewegenden Engerlingen (angeblich „gut“ bzw. „Nützling“) und bäuchlings sich fortbewegenden Engerlingen (angeblich „schlecht“ bzw. „Schädling“) – der naturnahe Gartenfreund heißt alles Leben willkommen, egal ob es sich am Bauch oder Rücken fortbewegt. Das gilt umso mehr, als man nicht ausschließen kann, dass sich die Engerlinge besonders geschützter Arten, etwa des Nashornkäfers, auch einmal auf dem Bauch fortbewegen – und deren Tötung ein Bußgeld von bis zu € 50.000,00 nach sich ziehen kann!
Lasst unsere Mitgeschöpfe leben! Die Naturgartenfreundinnen schenken Leben, nicht umgekehrt. Sie sind Lebensraumgestalter – und letzte Bastion in einer monetarisierten und dem Geld verfallenen Welt. Sie halten die Flagge der ökologischen Verantwortung hoch – und haben die Kraft, andere Menschen mitzunehmen und ihnen die Wunder des Lebens zu zeigen, die es in einem naturnahen Garten zu entdecken gibt.
Denn noch kann man staunen und den Igel im Garten bewundern. Aber wie lange noch? Die Zahl der Igel in Bayern hat sich allein in den letzten 10 Jahren halbiert. Wir helfen ihm gerne mit einem Laubhaufen oder einem Igelhaus. Denn im naturnahen Garten darf das Laub liegenbleiben. Blumenwiese, Totholz, Laub und Teich – Deutschlands Gärten zusammengenommen machen ca. 2 % der Landesfläche aus. Wenn wir alle zusammenhelfen, können wir ein leuchtendes Band der Artenvielfalt quer durchs Land ziehen – wie ein Glühwürmchen, das wie Phoenix aus der Asche zu neuer Leuchtkraft aufersteht.
