Naturschutz vor der Haustür

Der perfekte Wildgarten

Kapitel 3 – Laubbäume

Vorweg: Heimische Laubbäume sind Säulen der Artenvielfalt. Das schließt aber invasive Exoten wie Platane, Roteiche und Douglasie kategorisch aus. Die um sich greifende Unkultur der sog. Klimabaumarten wiederholt die Fehler von vor 100 Jahren, als man unsere Wälder massenhaft mit nicht standorttypischen Fichten-Monokulturen bestückt hat. Weder gehören die aus Nordamerika stammende Douglasie und Roteiche in unsere Wälder und Grünanlagen, noch gehören Platane und Ginko Baum in unsere Parks. Übrigens sollte man auch von der Pflanzung von Ahorn (Spitzahorn, Bergahorn und Feldahorn) absehen, weil der Ahorn sehr artenarm ist und vergleichsweise wenige Arten beherbergt, zumal diese ökologisch wenig ergiebige Baumart leider massenhaft gepflanzt wird und unsere Städte und Gemeinden flutet – wir sollten schlauer sein und den Weg hin zu mehr Artenvielfalt mit unserer Lebewesen gemeinsam gehen und ökologisch besonders wertvolle, heimische Laubaumarten pflanzen:

Am Anfang der Aufzählung steht die Eiche. Mit über 1.000 Arten, die von der Eiche abhängig sind, zählen die Stieleiche und die Traubeneiche zu den absoluten Spitzenreitern der Artenvielfalt. Zahlreiche unserer größten Käfer sind von Eiche abhängig, etwa der mächtige Hirschkäfer oder der Heldbock (Großer Eichenbock). Für unsere Nachtfalter und deren Raupen ist die Eiche erste Anlaufstelle.

WildblumenwieseHirschkäfer, © Marie Pietzsch

Dicht gefolgt wird die Eiche von den Pappeln. Unsere heimischen Pappelarten: Schwarzpappel, Zitterpappel und Silberpappel sind Horte des Artenreichtums. So prachtvolle Tagfalter wie der Große Eisvogel und der Kleine Schillerfalter sind auf Zitterpappel und Schwarzpappel als Nahrungspflanze angewiesen. Auch die selten gewordenen Ordensbänder, das Blaue Ordensband und das Rote Ordensband, große Nachtfalterarten, legen ihre Eier an Schwarzpappel und Zitterpappel ab. Zudem nutzt der rote Pappelblattkäfer die Blätter der Zitterpappel als Nahrungspflanze.

Auch die Erlen sind Garanten der Vielfalt im naturnahen Garten. Die Schwarzerle hat einen Stammplatz verdient. Hier leben der blaue Erlenblattkäfer und zahllose Nachtfalterarten, etwa die clownfischhaft anmutende Raupe der Erleneule. Auch die Grauerle und die Grünerle sind echte Gamechanger im Vielfaltsgarten.

Um das Quartett der Vielfalt perfekt zu machen, sind neben Eiche, Pappel und Erle unbedingt zu nennen die Weiden. Silberweide, Salweide, Reifweide und Lorbeerweidesind Treiber des Lebens im Garten. Zahllose Tagfalter und Nachtfalter nutzen die Weiden zur Eiablage, etwa der Große Schillerfalter und der Trauermantel, und auch das Abendpfauenauge. Zudem ist die Salweide (Kätzchenweide) einer der wohl ergiebigsten Frühblüher im Zeitigen Frühling. Wenn die Insekten erwachen, finden Hummeln und Wildbienen an den Weidenkätzchen eine der wertvollsten Nektartankstellen.

Ein starker Player ist auch die Gewöhnliche Traubenkirsche. Im Frühling ist dieser schöne, oft mehrstämmige Baum mit weißen Blütenrispen übersät. In den 80er Jahren häufig gepflanzt, hat man dieses Juwel vergessen. Kaum ein Blatt ist nicht zernagt. Für viele Käferarten, wie Maikäfer, Junikäfer sind die Blätter der Traubenkirsche ebenso Nahrungsgrundlage wie für Heuschrecken, etwa Heupferde.

Auch die Hänge-Birke ist ein Baum der 80er Jahre, der heute ebenso unsere Wertschätzung verdient hat. Überempfindlichkeiten wegen Pollenflug oder Samenfall haben ihre Neupflanzung zurückgehen lassen – ein Fehler. Denn nicht nur die Raupen so prachtvoller Großschmetterlinge wie der des Trauermantels ernährend sich von den Blättern der Birke, sondern auch unzählige Nachtfalterraupen, etwa Birkenspanner. Die Birke hat den Retro-Preis verdient!

Wichtige Protagonisten im Artenvielfaltsreigen sind auch die Ulmen. Feldulme (Rüster), Flatterulme und Bergulme wachsen nicht nur zu mächtigen Bäumen heran, sondern spielen für die Artenvielfalt eine wichtige Rolle. Tagfalter wie der Ulmen-Zipfelfalter und der C-Falter legen ihre Eier an Ulmen ab.

Für Käfer besonders attraktiv ist die Esskastanie. Die langen, weißen Blüten der Esskastanie werden im Sommer von Käfern bestäubt. Oft finden sich regelrechte Schwärme von Junikäfern und anderen Käfern ein, so dass der Baum brummt. Die Esskastanie kann bis zu 1.000 Jahren alt werden und zu stattlichen Bäumen von 35 m heranwachsen.

Man fragt sich wirklich, warum Stadtplaner flächendeckend Platane und Ahorn setzen und so der Artenarmut Vorschub leisten, wenn man doch Eichen und Pappeln, Erlen und Weiden, Ulmen und Birken pflanzen kann. Das Prinzip „Tiere pflanzen“ sollte die Baumartenauswahl bestimmen.

Eine gute Bienenweide sind die Linden. Winterlinde und Sommerlinde sind wertvolle Trachtpflanzen im Sommer. Zudem sind sie der Lebensraum von Feuerwanze und Lindenwanze. Wenn die unter Linden geparkten Autos klebrig sind, weil Honigtau der Lindenblattlaus von den Lindenblättern tropft, ist dies ebenso willkommene Lebensäußerung wie Schattenwurf und Laubfall. Gerade alte Bäume sind unsere Sauerstofflieferanten, ohne sie würden wir ersticken.

Das Beste kommt zum Schluss: die Obstgehölze. Neben Apfel, Wildapfel, Birne und Wildbirne sollte man besonders die Kirschen und Pflaumen hervorheben. Prachtvolle Insekten wie der Kirschprachtkäfer legen ihre Eier in der Rinde alter Pflaumen, Zwetschgen, Kirschbäumen und Steinweichseln (Felsenkirschen) ab. Die Urform, die Vogelkirsche (Wildkirsche), ist ein guter Beitrag für Artenvielfalt.

Unbedingt zu erwähnen ist die Steinweichsel (Felsenkirsche), die nicht mit der – wenig ergiebigen – Felsenbirne verwechselt werden sollte. Die Steinweichsel ist eine der Haupt-Raupenfutterpflanzen des Segelfalters und wächst schnell zu einem reichblühenden Ökosystem eigener Art heran.

SegelfalterSegelfalter Eiablage an Kirschpflaume © Franziska Keller

Auch die Kirschpflaume (Wildpflaume) und die Mirabelle haben einen Platz im Garten verdient. Sie blühen sogar noch vor der Schlehe und tauchen den Garten in ein weißes Blütenmeer. Auch die Kirschpflaume ist eine der Haupt-Raupenfutterpflanzen des Segelfalters – Kirschpflaume und Steinweichsel sollten in keinem naturnahen Garten fehlen.

Die Mispel ist auch ein Rosengewächs, das mit ihren großen, weißen Blüten den Garten bereichern kann. An den Blättern macht sich die Birnenblattwespe zu schaffen. Kein Grund zur Sorge, denn im naturnahen Garten hat jedes Leben seine Berechtigung. Käfer und ihre Larven, Schmetterlingsraupen und sogar Blattläuse dürfen nagen und saugen.

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